Wien sitzt zum größten Teil fest und mit der Stadt die Wienerinnen. So auch ich. Lockdown. Strenge Regeln fürs Rausgehen. Am besten niemanden treffen. Home Office, nur die nötigsten Erledigungen machen, Mund und Nase verhüllen und am besten so viel wie möglich daheim bleiben.
Alles einzusehen. Alles, was schlecht ist fürs Coronavirus, ist jetzt gut. Auch wenn sich der Spaß sich dabei Grenzen hält.
Das Gute: Wir dürfen raus, bevor uns daheim alles zu viel (oder zu wenig wird). Auslüften, Bewegen, den Kopf Freikriegen – gute Gründe, unsere Klausen für eine Runde im Freien zu verlassen.
Natürlich bleibt man am besten in der Nähe von Zuhaus, keine langen Fahrten mit der Straßenbahn (Aerosole!), keine langen Fahrten mit dem Auto (Umwelt!), keine langen An- und Abreisen (um 20 Uhr heißts daheim sein) und rasch reagieren, wenn einmal das Wetter halbwegs freundlich ist (Novembernebel!). Da liegt für mich die Alte Donau nahe. Fußläufig in 15 Minuten erreicht, ausgestattet mit verkehrsfreien Spazierwegen und Blick aufs Wasser. Und bei jedem Wetter zeigt sie eine erfreuliche Skyline vom Donauturm bis zu Wiens Wolkenkratzern auf der Donauinsel. Dazu Enten, Schwäne, Bootsverleih (ok, nicht jetzt im November und schon gar nicht im Lockdown, aber bald wieder, alles wird gut) und Gastronomie mit mehr oder weniger hippem Strandterrassencharme (dann wieder, Sie werden sehen…)
Die Alte Donau ist ein Altarm (daher der Name) der Donau. Sie liegt nördlich des Donaustroms und der Neuen Donau, von der ein andermal die Rede sein wird. Mit keinem der beiden Gewässer hat die Alte Donau eine direkte Verbindung. Sie erstreckt sich von der Donaustadtbrücke bis zum Wasserpark in Floridsdorf und wird unterteilt in die Untere und die Obere Alte Donau.
Die Donau war einst ein weit verzweigter Strom mit vielen Armen und einem ausgedehnten Augebiet. Oft gab es Überschwemmungen, und im 19. Jahrhundert wurde die Regulierung des Flusses vehement vorangetrieben. Die heutige Alte Donau war einmal das Hauptbett der Donau, um 1870 herum aber wurde sie abgetrennt und die Donau in ihr heutiges Bett verlegt. Die Alte Donau ist seither ein Binnengewässer, das überwiegend von Grundwasser gespeist wird.
Die meisten Wienerinnen und Wiener kennen die Strandbäder an der Alten Donau zumindest vom Hörensagen, vom Gänsehäufel bis zum Angelibad gibt es eine ganze Reihe von ihnen.
Der Donauturm, der nicht direkt an der Alten Donau liegt, sondern im nahe gelegenen Donaupark, der zur Wiener Internationalen Gartenschau (WIG) im Jahr 1964 angelegt wurde, ist immer noch das höchste Gebäude Österreichs mit 252 Metern. Das sich drehende Restaurant (nach dem Lockdown hingehen!) macht manchen Besucherinnen und Besucher ein flaues Gefühl im Magen, die Aussicht macht das wett.
Die Freizeitvergnügungen an der Alten Donau laden auch außerhalb der Badesaison zu einem Besuch ein. Spazierengehen, gemütliches Radfahren und Laufen rund ums Wasser bietet sich sowieso immer an. Sensationell ist aber in wirklich kalten Wintern das Eislaufen auf der Alten Donau. Die globale Erwärmung hat daraus ein seltenes Vergnügen gemacht. Ich kann mich erinnern, als Kind von einem Ende bis zum anderen über spiegelglattes Eis gelaufen zu sein. Lang her.
Ernsthafte Ruderer schließen sich einem der Rudervereine an der Unteren Alten Donau an, Freizeitkapitäne mieten Elektro- oder Tretbote und für die Feierlaune ein Partyfloß mit Picknickkorb. Selbst Segelunterricht können Sie auf der Alten Donau nehmen. Sie ist wirklich der nautische Mittelpunkt der Stadt.
Das Kennenlernen der Alten Donau ist nicht schwer. Sie ist bestens an den öffentlichen Verkehr angeschlossen. Am einen Ende bringt Sie die U-Bahnlinie U2 zur Donaustadtbrücke, am anderen die U6 nach Floridsdorf und in der Mitte die U1 zur Station Alte Donau. Besser geht’s nicht.
Wenn Sie also Ihren Häuserblock schon dreimal umrundet haben und die Parks in Ihrer Gegend schon alle kennen, machen Sie sich auf eine kurze Reise dorthin, wo Wien einen Strand hat und drehen auch sie eine Lockdown-Runde an der Alten Donau. Wir sehen einander dann dort!